Ich war lange stolz darauf, viel zu schaffen. Listen abhaken, Projekte planen, Ideen umsetzen – das gab mir das Gefühl, mein Leben im Griff zu haben. Doch irgendwann kam der Punkt, an dem mein Kopf einfach nicht mehr mitmachte. Ich saß am Schreibtisch, starrte auf den Bildschirm, und da war nichts. Keine Idee, kein Fokus, nur ein lautes inneres Rauschen.
Früher hätte ich gedacht: Reiß dich zusammen. Heute weiß ich: Mein Gehirn wollte einfach mal Pause machen.
Das Missverständnis vom Dauerfunktionieren
Wir leben in einer Welt, die Aktivität glorifiziert.
Stillstand gilt als Schwäche, Pausen als Zeitverschwendung. Dabei ist das Gegenteil wahr: Unser Gehirn ist kein Motor, den man unendlich laufen lassen kann. Es ist eher wie ein Muskel – er wächst nur, wenn er auch entspannen darf.
Studien zeigen, dass unser Gehirn im Ruhezustand keineswegs „nichts tut“. In diesen Phasen schaltet es in den sogenannten Default Mode Network – ein Netzwerk, das für Selbstreflexion, Kreativität und emotionale Verarbeitung zuständig ist.
Kurz gesagt: Genau dann, wenn du vermeintlich „nichts machst“, sortiert dein Gehirn Informationen, verknüpft Gedanken und regeneriert.
Warum wir Pausen verlernt haben
Viele von uns haben verlernt, wirklich zu pausieren.
Wir machen „aktive“ Pausen – scrollen durch Instagram, hören Podcasts oder erledigen schnell etwas nebenbei. Aber echte mentale Leere – dieser Zustand, in dem man einfach nur da ist – fühlt sich für viele fast beängstigend an.
Ich erinnere mich an einen Nachmittag im Park, als ich mein Handy bewusst zu Hause gelassen hatte. Anfangs war da Unruhe. Nach zehn Minuten kam Langeweile. Nach zwanzig Minuten Ruhe. Und dann, ganz plötzlich, diese Klarheit, die man sonst selten findet.
Als würde sich der Staub im Kopf langsam setzen.
Der Zauber des Leerlaufs
Leerlauf ist nicht unproduktiv. Er ist ein unsichtbarer Teil von Kreativität und Problemlösung.
Ein kurzer Spaziergang, ein Blick aus dem Fenster, ein paar Minuten Tagträumen – all das aktiviert das Gehirn auf eine Weise, die kein To-do-Listen-Marathon je schaffen könnte.
Manche meiner besten Ideen kamen mir beim Geschirrspülen. Nicht, weil ich darüber nachgedacht habe – sondern weil ich nicht darüber nachgedacht habe.
Wie du mentale Pausen in deinen Alltag einbaust
Hier sind drei einfache Wege, um deinem Gehirn regelmäßig die Pausen zu geben, die es braucht:
- Pausen ohne Input.
Keine Musik, kein Handy, kein Podcast. Nur du.
Auch fünf Minuten reichen. Setz dich an ein Fenster, atme, beobachte – und lass die Gedanken treiben. - Wechsel die Umgebung.
Wenn du das Gefühl hast, festzustecken, geh raus. Schon der Wechsel vom Schreibtisch zum Balkon kann deine mentale Energie verändern. - Akzeptiere Leerlauf als Teil des Prozesses.
Du bist nicht faul, wenn du nichts tust. Du lädst auf.
Das Gehirn arbeitet auch im Hintergrund weiter – aber nur, wenn du es lässt.
Pausen sind kein Luxus
Mentale Pausen sind keine Belohnung nach getaner Arbeit. Sie sind Teil der Arbeit – Teil des Lebens.
In unserer ständigen Reizüberflutung ist Leerlauf ein Akt der Selbstfürsorge. Und vielleicht auch ein stiller Protest gegen eine Welt, die glaubt, dass nur das Zählbare wertvoll ist.
Ich wünsche dir, dass du dir heute ein paar Minuten echten Leerlauf gönnst.
Ohne Ziel, ohne Zweck, ohne schlechtes Gewissen.
Denn genau da – in diesem scheinbar leeren Raum – passiert das Wesentliche: Du kommst wieder bei dir an.

