Wie du lernst, dich selbst nicht so streng zu bewerten
Ich habe lange gebraucht, um zu verstehen, dass der kritischste Mensch in meinem Leben – ich selbst war.
Ich konnte Lob bekommen, Anerkennung, Erfolge feiern – und trotzdem suchte ich sofort nach dem, was nicht perfekt war.
Ein kleiner Fehler, eine unbedachte Bemerkung, ein Moment, in dem ich nicht so reagiert hatte, wie ich „sollte“.
Ich war mein eigener Richter. Und der war nie zufrieden.
Die Stimme im Kopf, die immer etwas zu sagen hat
Wir alle haben sie – diese innere Stimme, die ständig kommentiert, bewertet, vergleicht.
Sie sagt Dinge wie:
„Das hättest du besser machen können.“
„Warum hast du das gesagt?“
„Andere kriegen das doch auch hin.“
Oft ist sie so laut, dass wir sie gar nicht mehr hinterfragen.
Wir nehmen an, was sie sagt, wäre die Wahrheit. Dabei ist sie nur ein Echo – aus Erlebnissen, Erwartungen und alten Glaubenssätzen.
Diese Stimme ist nicht böse.
Sie ist ein Schutzmechanismus.
Sie will verhindern, dass wir Fehler machen oder abgelehnt werden.
Aber sie macht uns klein, bevor überhaupt jemand anderes es kann.
Woher diese Strenge kommt
Viele von uns haben früh gelernt, dass Liebe oder Anerkennung an Leistung geknüpft ist.
„Wenn du dich anstrengst, bist du brav.“
„Wenn du gute Noten hast, bist du wertvoll.“
Diese Botschaften setzen sich fest.
Und irgendwann verwechseln wir Selbstreflexion mit Selbstkritik.
Wir glauben, uns verbessern zu müssen, um „genug“ zu sein.
Aber innere Strenge bringt selten Wachstum.
Sie erzeugt Angst – und lähmt.
Warum Selbstkritik dich nicht schützt
Manchmal glauben wir, unsere Strenge würde uns motivieren.
Dass sie uns vor Fehlern bewahrt.
Doch in Wahrheit verhindert sie, dass wir mutig sind.
Wenn du Angst davor hast, dich selbst zu verurteilen, gehst du kein Risiko mehr ein.
Du bleibst in der Komfortzone – nicht, weil du faul bist, sondern weil du dich schützen willst.
Selbstkritik hält dich beschäftigt, aber nicht lebendig.
Wie du beginnst, milder mit dir zu werden
Ich habe irgendwann gemerkt, dass ich mich selbst nicht mehr motivieren konnte, indem ich mich kleinmachte.
Also habe ich etwas Neues versucht – Mitgefühl mit mir selbst, auch wenn es sich anfangs fremd anfühlte.
Hier sind ein paar Dinge, die mir geholfen haben:
1. Beobachte, wie du mit dir sprichst
Achte einmal einen Tag lang bewusst auf deinen inneren Dialog.
Wie würdest du dich fühlen, wenn du so mit einem Freund sprechen würdest?
Wenn du merkst, dass dein Ton hart wird, halte inne – und atme.
Frag dich:
„Was würde ich jetzt sagen, wenn ich mit jemandem spreche, den ich liebe?“
2. Mach dich vertraut mit deiner Menschlichkeit
Fehler, Schwächen, Unsicherheiten – das alles gehört zu dir.
Und das ist nicht nur „okay“ – es ist das, was dich authentisch macht.
Echte Stärke hat nichts mit Perfektion zu tun.
Sie zeigt sich darin, dass du dich traust, unvollkommen zu bleiben.
3. Übe Vergebung – im Kleinen
Vergebung beginnt nicht bei großen Dingen, sondern bei den kleinen Momenten:
Wenn du dich verurteilst, weil du ungeduldig warst.
Oder weil du einen schlechten Tag hattest.
Sag dir leise:
„Ich darf Fehler machen. Ich darf lernen.“
Es ist erstaunlich, wie viel Frieden entsteht, wenn man sich selbst nicht mehr ständig erklärt.
Die Kraft der Selbstfreundschaft
Es klingt vielleicht ungewohnt, aber du kannst lernen, dein eigener Verbündeter zu werden.
Nicht, indem du dich ständig feierst, sondern indem du dich verstehst.
Wenn du dich selbst freundlich ansiehst, passiert etwas Unerwartetes:
Du brauchst weniger Bestätigung von außen.
Du ruhst mehr in dir.
Und du fängst an, dich wieder zu mögen – auch an Tagen, an denen nichts „läuft“.
Denk dran:
Selbstmitgefühl ist kein Zeichen von Schwäche.
Es ist die Basis für jede Form von innerem Wachstum.
Denn wer sich selbst nicht verurteilt, kann sich ehrlich begegnen.
Lerne, deine Stimme im Kopf leiser zu stellen.
Nicht, indem du sie bekämpfst – sondern indem du ihr mit Verständnis begegnest.
Du musst nicht perfekt sein, um wertvoll zu sein.
Du darfst einfach du sein. Und das ist genug.

